Was ist Anti-Kell??



Das Kell-System ist eines von vielen Blutgruppensystemen.
Ein Anti-Kell-Antikörper ist ein Abwehrstoff gegen das Merkmal Kell.

Man unterscheidet die Blutgruppen A, B, AB und 0, Rhesus positiv und Rhesus negativ und zahlreiche andere Blutgruppensyteme.
A, B, AB, 0 und Rhesus ist vielen bekannt, unbekannter ist das Blutgruppensystem Kell.
Dabei ist das Kell-System  das drittwichtigste Blutgruppenssystem.
Die Kell-Antikörper gehören zum IgG-Typ und sind nach der Patientin Kellacher benannt, bei der dieser Antikörper 1946 zuerst entdeckt
wurde.  9 % in der europäischen Bevölkerung sind Kell-positiv (d. h. sie besitzen das Merkmal Kell), die Hälfte davon ist weiblich.

Es gibt 2 Möglichkeiten Antikörper gegen das Merkmal Kell zu bilden ( wenn man selbst das Merkmal Kell nicht besitzt also
Kell-negativ ist).


1. Durch eine Transfusion von roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentraten)

Es ist nicht vorgeschrieben dass Merkmal Kell bei einer Gabe von Erythrozytenkonzentraten zu berücksichtigen. Ausnahme Frauen im gebärfähigen Alter. Diese Vorgabe existiert allerdings erst seit einigen Jahren, so dass in der Vergangenheit auch Frauen unter Umständen Kell-inkompatibel transfundiert worden sind (eine Frau, die das Merkmal Kell nicht besitzt bekommt ein Kell-positives Erythrozytenkonzentrat) und so die Möglichkeit bestand einen Anti-Kell-Antikörper zu bilden.

Bei Männern mit Anti-Kell-Antikörpern muß bei weiteren Bluttransfusionen auch auf das Kell-Merkmal geachtet werden.

2. Durch eine Schwangerschaft

Auch bei einer Schwangerschaft können Antikörper gegen Kell gebildet werden. Wenn ein Kell-positiver Mann und eine Kell-negative Frau ein Kind bekommen, besteht die Möglichkeit das der Kindsvater das Merkmal Kell an den Feten vererbt (nicht in jedem Fall) und die Frau dann möglicherweise einen Anti-Kell-Antikörper bildet (ebenfalls nicht in jedem Fall). Diese Antikörper werden in weiteren Schwangerschaften zum Problem, wenn dieses Kind auch wieder Kell-positiv ist. Da die Kell-Antikörper zum IgG-Typ gehören, somit plazentagänig sind, werden die roten Blutkörperchen des Kindes zerstört. Es tritt dann beim Kind eine Blutarmut ( Anämie, Morbus haemolyticus fetalis, Morbus haemolyticus neonatorum) auf.
Antikörper der Spezifität Anit-Kell haben einen anderen Einfluss auf die erythroytären Vorläuferzellen (rote Blutkörperchen) als Antikörper der Spezifiät Anti-D: Sie verursachen eine im Verhältnis stärkere Anämie und einen eher geringeren Ikterus (Gelbsucht).


Bei Feststellung einer Schwangerschaft wird bei der ersten Blutentnahme  immer ein Antikörpersuchtest gemacht.
(Jedenfalls in Deutschland)
Beim Nachweis eines Anti-Kell-Antikörpers m u s s eine Überweisung zur Mitbehandlung an Spezialisten der Pränataldiagnostik
mit transfusionsmedizinischen Kenntnissen erfolgen!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Der "allgemeine" Gynäkologe kann bei dieser speziellen Sachlage nur weiterleiten.

Zunächst muss der Kindsvater auf das Merkmal Kell getesten werden (92% sind Kell-negativ). Wenn der Kindsvater Kell-negativ ist, kann er das Merkmal nicht vererben und der Anti-Kell-Antikörper ist für den Feten nicht gefährlich. Nur wenn der Kindsvater Kell-positiv (4,5% in Europa) ist, müssen weitere Kontrollen erfolgen.


Die engmaschigen Kontrollen bei der Schwangeren wären dann:
Bestenfalls ab der 11. -12. SSW im 14-tägigen Rythmus bei Spezialisten, um frühzeitig reagieren zu können.

1. Kontrolle des Antikörper-Titers. ( wobei der nicht wirklich aussagekräftig ist)

2. Ausschluss von Wassereinlagerungen beim Kind. (Hydrops fetalis)
    Ausschluss von Wassereinlagerungen in der Plazenta. (bei Hydrops vergrößert)

3. Doppler Sonographische Messungen der Fließgeschwindigkeit der Hirnarterie Arteria cerebri media
    (bei erhöhter Fließgeschwindigkeit ist von einer Blutarmut beim Kind auszugehen)

4. Bei einer Blutarmut bleibt nur eine intrauterine Transfusion. (Blutübertragung im Mutterleib, in die Nabelschnur)
     Bei einer intrauterine Transfusion besteht immer die Gefahr einer Fühgeburt.



Ab der 25.SSW sollte bei Verdacht auf ein Kell-positives Kind und der Wahrscheinlichkeit der Nabelschnurpunktion
die Lungenreifungsspritze gegeben werden.

Eine Schwangerschaft mit Anti-Kell bei einem Kell-positivem Kind wird meistens die 40. Schwangerschaftswoche nicht mehr erreichen.
Es sei dabei auch gesagt, das eine Spontangeburt durchaus möglich ist (nach medizinischer Abklärung).


Wichtig: Eine unbehandelte Anti-Kell-Schwangerschaft bei vermutlich Kell-positivem Kind führt aufgrund der Hämolyse der roten
Blutkörperchen des Feten immer  zum Kindstod.


Wichtig: Nach der Geburt des Kell-positiven Kindes dauert es noch etwa ein halbes Jahr bis die Anti-Kell-Antikörper aus dem kindlichem Blutkreislauf heraus sind. In dieser Zeit besteht weiterhin die Gefahr der Hämolyse ( Zerstörung der roten Blutkörperchen).
Behandlung:  Transfusion mit Erythrozytenkonzentrat.




In medizinischen Fachkreisen sind Anti- Kell-Antikörper bekannt und erforscht, das Wissen der notwendigen Behandlung vorhanden, die Vererbung nicht vollständig geklärt, weil zuviele Faktoren eine Rolle spielen. Derzeit wird von vier antigenen Typen ausgegangen, die stark polymorph (vielfälltig) sind, was ähnlich den MHCGenen zu starker Variation auch bei enger Verwandschaft von Personen führt. (MHCGenen: eng.: major histocompatibility complex, deut.: Haupthistokompatibilitätskomplex, dessen Gene die Proteine codieren, die die immun. Invidualität des Menschen ausmachen.)
Aufgrund der geringen Prozentzahl Kell-positiver Männer, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann ein Impfstoff gibt, sehr gering.

Eine Frau mit Kell-positivem Merkmal hat in der Schwangerschaft keine Probleme mit Kell zu erwarten, sie kann dieses Merkmal nur an ihr Kind vererben. Ist dieses Kind männlich und Kell-positiv, besteht bei ihm im zeugungsfähigen Alter die Wahrscheinlichkeit
dieser Problematik ( bei Kell-negativer Partnerin).



Wichtiger Hinweis:

Die deutschen Blutspendedienste sind auch sehr gute Ansprechpartner in speziellen Fragen zum Blut.
Auf der Internetseite www.drk-blutspende.de könnt ihr Kontakt aufnehmen.